Am Anfang schuf die Mutter
den Himmel und die Erde des Kindes.
Und die Welt des Kindes war wüst und öde.
Tohuwabohu herrschte,
da war keine Ordnung,
kein Zusammenhang,
keine Geborgenheit.
Finsternis lag über der Welt.
Aber das Gesicht der Mutter
erschien über dem Chaos.
Und die Mutter sprach: Es werde Licht!
Und es ward Licht.
Und immer, wenn sie sich dem Kinde zuwandte,
tauchte sie die Welt in Licht.
Wandte sie sich ab, kehrte die Finsternis zurück.
So schied sie das Licht von der Finsternis.
Das Kind aber nannte das Licht Vertrauen
Und die Finsternis Angst.
Da ward Abend und Morgen: Ein erster Tag.
Und die Mutter sprach: Es werde Nahrung!
Und es geschah also.
Und sie legte das Kind an die Brust und stillte es
und schied Hunger und Zufriedenheit,
Lust und Schmerz.
Das Kind aber träumte an der Brust der Mutter
und nannte die Brüste sein Glück
und den Hunger Unglück.
Da ward Abend und Morgen: Ein zweiter Tag.
Und die Mutter sprach: Es werde warm!
Und es geschah also.
Und sie nahm das nackte, hilflose Kind,
legte es auf ihren nackten Leib,
schloss es in die Arme
und wiegte es.
Und das Kind fühlte die Wärme
und fürchtete die Kälte, die es empfand,
sobald sich die Mutter zurückzog.
Und es nannte die Wärme der Mutter seine Zuflucht
und schlief ein in Zuversicht.
Da ward Abend und Morgen: Ein dritter Tag.
Und die Mutter sprach: Es werde Freude!
Und es geschah also.
Und sie legte ihre Hand unter den Kopf des Kindes
und ihre Wange an seine Wange.
Sie streichelte seine Brust
und blies in seine Hände,
sie rieb seinen Rücken,
tätschelte seinen Po
und streichelte seinen Kopf.
Und das Kind fühlte die Hand der Mutter
und ihre Zärtlichkeit,
und fürchtete sich
vor der alles verschlingenden einsamkeit.
Und es nannte die Zärtlichkeit seine Freude.
Da ward Abend und Morgen: Ein vierter Tag.
Und die Mutter sprach: Es werde Sprache!
Und es geschah also.
Und die Muttersprach Laute
und redete Worte,
hörte auf die Laute des Kindes
und verstand seine Sprache.
Und sie fragte und erzählte
und Zärtlichkeit lag in ihrer Stimme.
Und das Kind hörte die Stimme der Mutter gern
und fürchtete ihr Verstummen.
Und es nannte die Stimme seine Hoffnung.
Da ward Abend und Morgen: Ein fünfter Tag.
Und die Mutter sprach: Es werde Vertrauen!
Und es geschah also.
Und sie hörte auf den Ruf des Kindes,
schützte es vor dem Fall von der Treppe,
behütete seine ersten Schritte,
gab ihm zu essen, wenn es schrie,
war wach, wenn es rief.
Und das Kind spürte die Treue
und glaubte an sie.
Und panischer Schrecken ergriff es,
wenn es sich verlassen glaubte.
Und es nannte die Treue sein Vertrauen.
Da ward Abend und Morgen: Ein sechster Tag.
Und die Mutter sah ihr Kind an
und segnete es und sprach:
Geh und mach dir die Erde untertan.
Und herrsche über sie.
Suche dir einen Partner, den du lieben kannst.
Und liebe deine Kinder,
wie ich dich liebe.
Und das Kind sah an das Chaos der Welt,
und fühlte seine Angst.
Aber im Angesicht aller Ängste
blickte es auf seine Mutter
und nannte sie:
Grund meines Glaubens,
meiner Hoffnung,
meiner Liebe.
Diese Seite ist von Andreas Walter im September '97 gestaltet.
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